Jáchym Fleig
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Vita
1970 geboren in Villingen-Schwenningen
1988-91 Ausbildung zum Steinmetz/Steinbildhauer
1995-97 Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Klasse Micha Ullman
1997-98 Slade School of Fine Art, London
2001-02 Royal College of Art, London
1998-03 Hochschule für Bildende Künste Dresden, Klasse Eberhard Bosslet, Meisterschüler
2005-08 künstlerischer Assistent Borék Sipek Atelier Environmental Design, TU Liberec Tschechien
Preise und Auszeichnungen
2009 Stipendium Künstlerhaus Schloß Balmoral, Bad Ems
2007-09 Wilhelm Lehmbruck Stipendium der Stadt Duisburg
2007 Künstlerhaus Lukas, Ahrenshoop, Aufenthaltstipendium
2006 Arbeitstipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
2005 Künstlerhaus Eckernförde, Aufenthaltsstipendium
2004 Künstlerdorf Schöppingen, Aufenthaltsstipendium
2004 Kunstpreis der Darmstädter Sezession
2004 Ruth Leibniz Preis, Chemnitz
2002 Centro Tedesco di Studi Veneziani, Forschungsstipendium
2000 Hegenbarth Stipendium, Stadtsparkasse Dresden
1997-2002 Cusanuswerk, bischöfliche Studienförderung
Einzelausstellungen (Auswahl)
2010 Deckenrelief, Neuer Kunstverein Gießen 2007 Blind Date, Galerie Mandy, Leipzig
2009 Wenn Förderung ist, ist eigentlich Vollgas, Wilhelm Lehmbruck Museum, Duisburg
2006 Huésped, Museo de Arte Carillo Gil, Mexico City
2002 occupation, Kunstverein Trossingen
Gruppenausstellungen (Auswahl)
2010 Wertetransfer (Arbeitstitel), Nassauische Sparkasse Wiesbaden
2009 Hortus conclusus/apertus, Künstlerhaus Schloß Balmoral, Bad Ems
2009 Lehmbruck Werkstatt – Bildhauerstechniken gestern und heute, Stiftung Lehmbruck Museum, Duisburg
2008 Kunstpreis der Erzdiözese Freiburg, Morat–Institut Freiburg
2008 Lehmbruck Stipendiaten stellen vor, Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg
2008 Ornö 2008, E – Werk, Dresden
2007 eins plus, Schloss Waldthausen, Mainz
2007 Preview, Galerie Mandy, Leipzig
2006 Würfel sind gefallen, Darmstädter Sezession
2006 res supplentes, Oschatz 51,3° - 13,1
2005 Dienstag 14 Uhr, Abschlussausstellung Prof. Micha Ulman
2004 Skulptur im Freiraum, Darmstädter Sezession
2004 Forum de Arte Franco – Allemand, Lyon
2003 Genial ER –58, Stipendiaten des Cusanuswerks stellen aus, Oktogon, HfbK Dresden
2003 1. internationales Symposium für Bildende temporäre Kunst, Halle/Saale
2003 Our Mutual Friend, Bloomberg SPACE, London
2002 new contemporaries, STATIC gallery, Liverpool, Barbican Center, London
2002 Kunstpreis Landau
2001 Kunstpreis junger Westen, Kunsthalle Recklinghausen
2001 Bomba, ESAG – energyholding, Dresden
2000 Diplomausstellung, Dresden
Kurzbeschreibung
Quer über die Wand, die Fenster und die Decke erstrecken sich die Ornamente, die Jáchym Fleig unter Bezugnahme auf das Motiv des Sterns im Steinfußboden und auf den Deckenstuck des Künstlerhauses entworfen hat. Die „Mitläufer“ getaufte Arbeit wurde speziell für das Foyer des Künstlerhauses entwickelt. Sie erzeugt eine Spannung zwischen dem Vorhaben, einen Raum zu dekorieren, und der Irritation, die die asymmetrische Setzung der Objekte in ihm hervorrufen. (aus: Pressetext zur Ausstellung Hortus conclusus/apertus, 2009)
Essay zur Ausstellung „Transmission“
Jáchym Fleig ist gelernter Steinbildhauer, was in seinem Gefühl für großzügige, kraftvolle Formen zum Ausdruck kommt. Sein Arbeitsprozess ist jedoch dem des „Bildhauers“ entgegengesetzt, denn er formt nicht durch das Abtragen von Materie, sondern durch das additive Prinzip des Modellierens. Das wiederum stellt eine Verbindung zu Bozetti her – Modellen aus Ton, Gips oder Wachs, welche die zeichnerischen Entwürfe ins Dreidimensionale umsetzen. Auch die Skulpturen von Fleig sind aus leicht formbarem Material – Zweikomponenten-Polyurethan, Gips, Pappmache und Holz – , wobei ihnen auch in der Ausführung der spontane Gestus eines Bozzettos erhalten bleibt.
Fleigs Skulpturen gehen in der Regel eine symbiotische Verbindung mit der Architektur ein: Im Innenraum haben sie einen invasiven Charakter. Sie scheinen aus der Wand zu wachsen, okkupieren den Raum und dringen auf der anderen Wandseite in den Außenraum durch. Das gewählte Material suggeriert Auswüchse, die sich an der Wand bilden, Nester, die sich an Hausfassaden heften oder wie urige Gesteine wirken. Oft entsteht der Eindruck des Unbeständigen, Verformbaren, das potentiell wachsen oder durch Witterung zerstört werden kann. Es ist ebenso dominierend wie die Wechselwirkung mit der Architektur unzertrennlich.
Verbund ist eine frei in den Raum gestellte Skulptur. Es handelt sich um eine organisch gewachsene „Behausung“ mit unzähligen runden Löchern, die als Fenster oder Höhlen-/Nesteingänge gedeutet werden können. In gewisser Weise erinnert sie an utopische Architekturen wie Friedrich Kieslers Unendliches Haus oder auch an Höhlenbehausungen wie in der süditalienischen Stadt Matera. Auffallend ist das Verhältnis des plastischen Gebildes zu den beiden mobilen Industrierollwagen, die ihn tragen: er durchdringt sie in allen Teilen ohne aufzuliegen, wird zugleich von ihnen gehalten und hält sie wiederum zusammen – eine Bedingung für ihr Gleichgewicht, denn die Räder sind nur an den Außenseiten montiert, sodass sie als Einzelteil kippen würden.
Die abgeflachte Rückseite der Skulptur deutet darauf hin, dass sie von einer Wand losgelöst und somit von ihrem ursprünglichen Standort entfernt wurde. Der Gedanke des Verbunds ist also vielseitig deutbar. Die Tatsache, dass die Skulptur nun wieder mit den beiden Trägerelementen, mit denen sie wegtransportiert wird, eine Symbiose eingeht, untermauert den Eindruck, dass es sich eher um etwas Organisches als Gebautes handelt, etwas, das schnell wächst und wuchert, fähig ist, sich jeden Träger anzueignen.
Und dennoch steht am Anfang dieser so frei wirkenden Skulpturen ein mit dem Computer erstellter planerischer Entwurf: an ihm sieht man, wie die parallel verlaufenden blauen und roten Linien auf einmal anfangen sich frei zu entfalten und zwar so, dass die einzelnen Striche nicht erkennbar sind. Alle gemeinsam umreißen sie einen Innenraum, ein Volumen, das den Kern der skulpturalen Form mit graphischen Mitteln zum Ausdruck bringt.
Danièle Perrier
Die Ausstellung „Transmission“ ist vom 28. März – 31. Dezember 2010 in der Nassauischen Sparkasse Wiesbaden zu sehen.